Ethikunterricht
Fünf-Finger-Methode
Schülerinnen und Schüler stehen im Ethikunterricht vor der Herausforderung, komplexe Situationen und Fragestellungen, die das Leben mit sich bringt, zu erfassen und aus ethischer Sicht zu analysieren. Die Philosophie hilft dabei, durch Nachdenken bis zum Ursprung eines Problems vorzudringen. Sie kann Orientierung bieten und bei Entscheidungen helfen. Die eigene Hand mit ihren fünf Fingern stellt in diesem Prozess ein wesentliches Werkzeug dar. Jeder Finger steht dabei für eine philosophische Aktivität.
Richtig philosophieren – so funktioniert’s
Wahrnehmen
Perspektiven einnehmen
Analysieren und reflektieren
Argumentieren und urteile
Handlungsoptionen entwickeln
Interagieren und sich mitteilen
Ihre Hand als Werkzeug zum Philosophieren
Worum es bei der Fünf-Finger-Methode genau geht und wie sie richtig angewendet wird, erfahren Sie im nachfolgenden Video detaillierter.
Fallbeispiel – so wird die Fünf-Finger-Methode angewendet
Situation: Geht es für Tiere nur darum, ein Dach über dem Kopf und Futter im Napf zu haben oder müssen auch andere Rahmenbedingungen erfüllt sein, damit sie ein gutes Leben führen können?
Musterlösung
Wahrnehmen
Ein alter Mann hat in seinem Haus viele Katzen und Hunde aufgenommen. Sowohl das Grundstück als auch die Tiere sind verwahrlost, weshalb eines Tages die Polizei mit Mitarbeitenden einer Tierschutzorganisation den Mann aufsucht und alle Tiere mitnimmt.
Perspektiven einnehmen
Der Mann wollte mit der Aufnahme der Hunde und Katzen eine gute Tat vollbringen und den Tieren ein Zuhause geben, in dem sie geliebt werden und in dem sich jemand um sie kümmert. Möglicherweise war er auch einsam und fühlte sich mit den Tieren nicht so allein. Außenstehende meinen, dass das Haus und das Grundstück verwahrlost und die Tiere krank sind, weil der Mann überfordert ist und die Hunde und Katzen nicht mehr angemessen versorgen kann.
Analysieren und reflektieren
Aufgrund des Alters des Mannes war er ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, sich um die Tiere zu kümmern. Sein Ziel war es, ihnen ein Zuhause zu geben und dafür zu sorgen, dass sie in Sicherheit sind. Da die Tiere aber in einem sehr schlechten Zustand waren und den Anschein erweckten, krank zu sein, wurde die Polizei verständigt, die die Tiere dann gemeinsam mit den Mitarbeitenden des Tierschutzheims mitnahm.
Argumentieren und urteilen
Der alte Mann war sich wohl bewusst, dass so viele Haustiere viel Arbeit machen würden. Möglicherweise wollte er sich nicht eingestehen, dass er mit dieser Aufgabe überfordert war und auch die Tiere in gewisser Weise unter dieser Situation litten. Das Argument der Tierschutzorganisation für die Abholung der Tiere ist ebenso verständlich, weil die Tiere verwahrlost waren und in diesem Sinne kein gutes und gesundes Leben führen konnten.
Handlungsoptionen entwickeln
Obschon der alte Mann feststellen musste, dass er mit so vielen Tieren nicht zurechtkommt, besteht dennoch die Möglichkeit, zumindest ein Tier zu behalten, um das er sich auch in seinem schlechten gesundheitlichen Zustand kümmern kann – oder er bittet jemanden aus der Nachbarschaft, ihn dabei zu unterstützen.
Auszug aus einem unserer Ethik-Schulbücher für die Oberstufe.