Berufsbild Lektor/in
Hinter jedem guten Buch steckt ein starkes Lektorat
„Mein besonderer Dank gilt meinem Lektor.“
Oft liest man diesen Satz in Büchern. Meistens überfliegen wir solche Aussagen, ohne genauer über die Rolle der Lektoren nachzudenken. Sie lesen es auf Fehler, richtig?
„Auch, aber das wäre ein reines Korrektorat und mir persönlich viel zu langweilig“, sagt Claudia Höglinger. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie als Lektorin beim Trauner Verlag in Linz und seit zehn Jahren auch als Programmleitung für den Bereich Gastronomie.
„Als Lektorin begleitet man ein Buch meistens von der ersten Idee bis zur Buchpräsentation.“
Das hängt vom jeweiligen Buchprojekt ab. Der Trauner Verlag etwa bearbeitet schwerpunktmäßig zwei Sparten: Schul- und Sachbücher sowie Publikumsbücher, wobei hier zielgruppenmäßig noch zu unterscheiden ist zwischen Experten und privaten Lesern. Als Lektorin ist man Schnittstelle zwischen Verlag und Autor/Autorenteam. „Es kann sein, dass wir als Verlag eine eigene Schulbuchreihe entwickeln und Autoren suchen. Oft sind es die Lektoren, die erste Konzeptideen liefern und dann gemeinsam mit den Autoren weiterentwickeln.“ Umgekehrt ist es genauso möglich, dass etwa Autoren mit ihren Ideen an den Verlag herantreten, meistens in Form von Manuskripten, die die Lektoren bewerten, bevor sie eine Auswahl treffen. Hier gelten Lektoren als Schlüsselfiguren. Auf ihren Schreibtischen landen, speziell in der Belletristik und im Ratgeberbereich, täglich neue Buchideen.
Wie entscheidet man, welches Buch genommen wird?
Bei Schulbüchern sei die Umsetzung des Lehrplans wichtig, auch das Miteinbeziehen moderner didaktischer Methoden. Bei Publikumsbüchern nach Bauchgefühl. „Wobei sich das Bauchgefühl natürlich speist aus langjähriger Erfahrung, viel Recherche und Marktbeobachtung.“
Wie jetzt beim Kochbuch von Haubenkoch Didi Maier, Sohn von Johanna Maier, das Ende Oktober erschienen ist. Es ist kein klassisches Kochbuch, sondern eines, das sich nach Erlebniswelten aufbaut, etwa „Kindheitserinnerungen“, „Heiß, heiß, Baby“, „Naschkram“. Bei diesem Kochbuch zum Beispiel sind die Aufgaben eines Lektors andere als bei einem Schulbuch. „Hier brauche ich viel sprachliches Feingefühl, um den eigenen Schreibstil von Didi Maier als seinen erkennbar zu lassen; gleich bleiben etwa die regelmäßigen Autorenabstimmungen und das Lektorieren.“
Wobei die Art des Lektorierens sich ebenso von Buch zu Buch unterscheidet. „So gibt es immer wieder Autoren, die Spezialisten sind in ihrem Bereich, etwa Kochen, aber eben nicht beim Schreiben. Das ist dann unsere Aufgabe. Oder bei Schulbüchern die oft anspruchsvollen Sätze in gut verständliche umzuwandeln.“
Immer aber bedeutet Lektorieren, einen Text auf Richtigkeit, Stimmigkeit und Stilistik zu lesen. Das umfasst rund 80 Prozent des Arbeitsalltags. „Der Rest verteilt sich auf Autorengespräche, Buchvermarktung, Prüfung neuer Manuskripte, Zusammenarbeit mit Grafik, Beobachten der Lehrpläne, interne Besprechungen und auf das tägliche Morgenritual: gemütlich Kaffee trinken“, sagt Claudia Höglinger und grinst. „Genau das liebe ich an meiner Arbeit, dass es so viele verschiedene Dinge zu tun gibt, dass ich ständig Neues dazulerne und ich selbst aktiv gestalten kann.“
Gutes Deutsch, viel Geduld
Gute Deutschkenntnisse sind nur die Basis, um erfolgreich zu sein. Es braucht daneben vor allem viel Geduld. Ein Buchprojekt kann sich schon einmal über drei Jahre ziehen. Zudem ist Flexibilität gefordert, auch Allgemeinbildung, Genauigkeit, Empathie, um mit den unterschiedlichen Autorenpersönlichkeiten das gemeinsame „Baby“ auf die Welt zu bringen, und schließlich fundiertes Fach- und Buchmarktwissen. Eine spezielle Ausbildung dafür gibt es nicht.
Für manche Sparten empfiehlt sich ein Germanistikstudium, bei einem wirtschaftlichen oder juristischen Lehrbuch wird das kaum weiterhelfen. Claudia Höglinger ist eine Quereinsteigerin, hat aber immer schon leidenschaftlich gern gelesen. Irgendwann aber wird selbst ihr das Lesen zu viel, dann geht sie in die Berge, tanzt oder übt sich in Meditation. Alles Aktivitäten, die ihren Kopf frei machen, um wieder konzentriert zum nächsten erfolgreichen Buch beizutragen.
Wordrap
- Darum brenne ich für meinen Beruf: „Weil ich immer neue Dinge lerne und mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammenkomme.“
- Darauf könnte ich verzichten: „Auf Zeitdruck“
- Das war mein erster Berufswunsch: „Lehrerin“
Quelle: OÖ Nachrichten